Subjektive Bewertungsskalen – ein wissenschaftlicher Ansatz für ein schöneres Leben

In vielen Bereichen des täglichen Lebens, der Wirtschaft und Technik ist es üblich, Veränderungsprozesse durch Feedback zu steuern. Geht es aber um unsere persönlichen Verbesserungsprozesse und unsere Lebensqualität, so enthalten wir uns oft ein solches sehr nützliches Feedback über unser eigenes Befinden vor. Die subjektiven Bewertungsskalen, die ich in diesem Artikel vorstellen möchte, bilden eine einfach Möglichkeit, das eigene Leben durch ein solches strukturiertes Feedback zu ergänzen und so auf systematische Weise zu verbessern.

Ein wissenschaftlicher Ansatz

Wissenschaftliche Arbeitsweisen haben sich seit langem bewährt um systematisch neue Erkenntnisse zu sammeln und auch um Prozesse oder Produkte zu verbessern. Ein wichtiger Aspekt wissenschaftlichen Arbeitens ist es, empirisch vorzugehen, also Messungen als Basis der eigenen Erkenntnisse und des eigenen Handelns zu verwenden und diese auch zu dokumentieren.

Wenn es uns nun also daran gelegen ist, Aspekte unseres eigenen persönlichen Lebens und unserer Gefühlswelt zu verbessern, warum sollten wir dann nicht auch „wissenschaftlich“ vorgehen?

Subjektive Bewertungsskalen

Der erste Schritt, unsere Lebensqualität zu verbessern, sollte also eine Messung sein. Dazu überlegen wir uns zunächst, was wir messen wollen, und wie wir die Messungen erheben.

Messe Gefühle!

Ich gehe hier davon aus, dass unsere Lebensqualität davon bestimmt wird, wie wir uns fühlen; daher sollen auch Gefühle unsere Messgröße sein. Wir überlegen uns also, welches Gefühl oder welchen Zustand wir verbessern oder vervielfältigen, also häufiger und stärker empfinden wollen. Gefühle bzw. Zustände könnten zum Beispiel Glück, Energie (also sich wach und fit zu fühlen) oder Freude sein; seien Sie hier durchaus kreativ und hören Sie auf Sich selbst, um herauszufinden, was sie wirklich wollen.

Wenn wir uns entschieden haben, welchen Zustand wir messen wollen, machen wir uns klar, ob und wie wir diesen Zustand wahrnehmen. Wie fühlt es sich an, in diesem Zustand zu sein? Woran in meinem Körper erkenne ich, dass ich das Gefühl habe?

Subjektive Bewertung und Dokumentation

Der nächste Schritt ist die regelmäßige Messung. In den Naturwissenschaften sind Messungen oft aufwendig und benötigen teure Messgeräte. Wir haben es glücklicherweise einfacher unseren Zustand und unsere Gefühle zu messen; wir müssen einfach nur hinspüren und dem Gefühlten einen Wert geben. Den Wert können wir über eine im Prinzip beliebige Skala festlegen, denn es geht ja sowieso um unser subjektives Empfinden.

Wir wählen also eine Skala; ich schlage hier eine Skala mit den Werten 0 bis 10 vor, wobei 0 für „gar nicht im gewünschten Zustand“ und 10 für „vollkommen im gewünschten Zustand“ steht.

Als nächstes wählen wir einen groben Plan, wann wir messen wollen. Hier schlage ich 3 mal am Tag vor. Es ist gut, wenn wir zu ähnlichen Tageszeiten messen, aber auch nicht schlimm, wenn das mal nicht klappt; wir werden zu jedem unserer Messwerte auch die Uhrzeit vermerken.

Als letztes müssen wir uns nun noch überlegen, wie wir unsere Messwerte festhalten möchten, wie wir dokumentieren. Unsere Lösung sollte einfach und unkompliziert sein, und wenig Zeit in Anspruch nehmen. Wählen Sie eine Dokumentationsform, die in Ihren Alltag passt; der Vorschlag der folgt ist als Inspirationsquelle gedacht. Ich persönlich habe gute Erfahrungen mit einem Messblatt auf Papier gemacht, auf dem ich jeweils die Messungen für eine Woche Eintrage. Auf dem Blatt ist vermerkt, was ich messe, auf welche Woche sich die Messungen beziehen, zu welcher Uhrzeit ich gemessen habe und der Messwert selbst als Kreuz auf einer Skala. Eine Messung auf Papier hat außerdem den Vorteil, dass ich Notizen zu einzelnen Messwerten gleich mit festhalten kann. Liegt einmal ein Messwert aus der Reihe, weil ein besonderes Ereignis eingetreten ist, so schreibe ich in einer Notiz eine kurze Erinnerung an das Ereignis auf und mach so die Messwerte besser nachvollziehbar.

Ein Beipiel für ein Messblatt

Positive Effekte

In meinen eigenen Versuchen konnte ich durch die regelmäßige Messung mit subjektiven Bewertungsskalen die folgenden positiven Effekte feststellen:

  • Regelmäßige Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen: Allein dadurch, dass ich regelmäßig (bei mir 3 mal am Tag) meinen Zustand messe, also in mich hineinspüre und mich mit meinem Wunschzusand beschäftige, werde ich mir meiner Gefühle und ihrer Bedeutung bewusster. Ich weiß genau, wie sich mein Ziel anfühlt und in welchen Nuancen sich meine Gefühle zeigen. Außerdem empfinde ich es als entspannend, mir regelmäßig einen kurzen Moment zu nehmen, und auf meine Gefühle zu achten, und das nicht nur, wenn es mir gerade schlecht geht.

  • Bewusstsein über mein Empfinden, jetzt und in der Vergangenheit: Dadurch, dass ich regelmäßig dokumentiert habe, wie es mir bezüglich meines Zielzustandes ging, kann ich zurückschauen und einen Überblick gewinnen, der sonst gerne mal verloren geht. Ich kann nun sehen, wie es mir denn wirklich so im Durchschnitt der Zeiten ging. Und noch viel interessanter, ich erkenne, wie sich mein Empfinden im Trend verhält.

    Dieser Punkt ist besonders interessant für Menschen, die gerne einmal „schwarz sehen“. Ich kenne gleich mehrere Menschen persönlich, die ich die meiste Zeit mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen herumlaufen sehe, die auf Nachfrage aber davon überzeugt sind, dass ihr Leben grundsätzlich unglücklich ist. Hier kann die Dokumentation helfen; fühlt man sich nachweislich 7 oder 8 von 10 Tagen glücklich, so wird es hoffentlich schwerer fallen in Zukunft sein ganzes Leben als Misere zu betrachten.

  • Entdecken der wichtigen Einflussfaktoren: Indem ich den Verlauf meiner Messwerte mit den Ereignissen in meinem Leben korrelieren (verknüpfen) kann, erkenne ich, welche Ereignisse Einfluss auf mein Befinden haben. Somit kann ich meinen Lebenswandel und mein Leben gezielt verändern, um positive Einflussfaktoren zu stärken und negative zu verringern.

  • Frühwarnsystem: Nachdem sich mein Zielzustand stabilisiert hat, können mir meine Messungen und der Trend, den sie abzeichnen, als Frühwarnsystem dienen. Ich bemerke jede Veränderung zum schlechteren noch bevor sie größere Auswirkungen auf mein Leben hat, statt von einem harten Aufprall auf dem Boden viel zu spät geweckt zu werden. Auf diese Weise kann ich sofort gegensteuern und meinen Zielzustand stark und stabil halten.

Fazit

Versuchen Sie es doch selbst. Mit einem anfänglichen Aufwand von vielleicht einer halben Stunde und einem täglichen Aufwand von weniger als 3 Minuten erhalten Sie interessante Einblicke in Ihr Leben, die Ihnen sonst vielleicht verwehrt bleiben. Mit diesen Einblicken erhalten Sie die Chance Ihr Leben und Ihre Lebensqualität gezielt zu verbessern.